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Reiseberichte

 

Reisebericht mit Videos von Stefan Spiecker aus der Lepra Kolonie in Naung Khan, Myanmar

 

Die Vorgeschichte zur Reise

Es ist nun fast zwei Jahre her als ich das letzte Mal hier in Myanmar war. Nachdem unser Verein im letzten Jahr für die Lepra Kolonie in Naung Khan bei Keng Tung eine Spende von Heidelberger Druckmaschinen über 5000 Euro bekommen hatte, war es nun höchste Zeit für eine Einbringung des Geldes in dem Projekt. In fast jedem anderen Land der Welt wäre eine Überweisung und die Kommunikation ein Leichtes gewesen. In Myanmar ist das bis heute anders. Die Militärjunta schottet das Land weiter von der Außenwelt ab und so ist das Land auch vom internationalen Bankensystem weiterhin abgekoppelt. Es bleibt also bis heute nur der Weg der persönlichen Übergabe. Das macht unsere Arbeit vor Ort aber wiederrum auch verdeckter und das Militär erfährt eben nicht mal eben woher die Schwestern das Geld dieses Mal bekommen haben.

Die Einreise und Ankunft

Die Einreise wählte ich wieder über den Landweg von Nord Thailand aus kommend über die Grenze in Mae Sai. Von dort erreicht man die birmanische Grenzstadt Tachileik und fährt noch etwa 4-5 Stunden mit dem Bus bis nach Keng Tung. Ich erreichte die Stadt in der Abenddämmerung. Das war die Zeit an der die Stadt täglich in die dunkle Nacht abtaucht. Denn staatlichen Strom gibt es nur in der Regenzeit und auch nur für sehr wenige, gut zahlende Kunden. Insofern lässt sich die Armut in dieser Stadt auch an ihrer Helligkeit bei Nacht ablesen. Selbst die Straßenlaternen habe ich hier noch nie leuchten sehen. Und spätestens ab 20Uhr sind die Straßen komplett leergefegt. Dann taucht Keng Tung völlig ab in die schwarze und stille Nacht der Shan Berge. Jetzt hört man noch etwa eine Stunde lang ein paar vereinzelte Dieselgeneratoren zur privaten Stromerzeugung laufen, ehe es dann völlig ruhig wird und man nur noch die Zikaden hört.

Da dies bereits mein vierter Besuch bei den Sisters of Charity war, kannte man mich dort inzwischen schon sehr gut. Eine der Schwestern spricht sehr gut Englisch und sie hat sich im Laufe der Jahre zu meinem zentralen Ansprechpartner entwickelt. Auch dieses Mal kümmerte sie sich wieder rührselig wie eine Mutter um mich und alle meine Belange. So etwas erleichtert die Arbeit vor Ort ungemein.


Der Besuch in der Lepra Kolonie

Wir besuchten am nächsten Tag die Lepra Kolonie am Stadtrand von Keng Tung. Das Gelände liegt versteckt und eingemauert in einem dichten Wald. Etwa 600 Menschen leben hier in einer Kommune. Die meisten haben nie selber Lepra gehabt, aber ihre Vorfahren waren damals erkrankt und dieses Stigma wird in Myanmar immer noch an die nächste Generation übergeben. In der Kolonie leben noch etwa 20 meist ältere Menschen, die an Lepra erkrankt waren und denen man ihre Verstümmelungen deutlich ansehen kann.

Der Zweck unserer Spende war ursprünglich für den Bau eines neuen Hauses für Witwen von Leprakranken gedacht. Mit dem Bau dieses Hauses konnten die Schwestern jedoch bereits vor kurzem beginnen. So änderte sich der Verwendungszweck kurzfristig in ein nicht minder dringendes Anliegen. Das Haus der an Lepra erkrankten Männer ist in einem desolaten Zustand. Es regnet in die Zimmer rein, der Boden und die Räume erinnern mehr an einen Viehstall und die teils sehr geschwächten Männer haben noch nicht mal eine Toilette. Ihre Notdurft verrichten sie direkt hinter dem Haus auf dem Boden in unmittelbarer Nähe ihrer kleinen Feuerstelle zur Zubereitung ihres Essens. Mir war sofort klar, dass unsere Spendengelder hier sogar einen noch besseren Verwendungszweck fanden als in dem Witwenhaus. Für den Bau eines neuen Hauses hätte das Geld auch nicht gereicht und so waren wir uns alle schnell einig, dass die 5000 Euro zum Bau von Toiletten und der Sanierung des Hauses verwendet werden sollten.

Die aktuelle Situation im zu renovierenden Männerbereich  

Außerdem verständigten wir uns darauf, dass das Dach der kleinen Kapelle, für den Fall das vom Spendengeld am Ende von etwas übrig sein sollte, ausgebessert werden kann. Auch hier regnet es teilweise rein und die Kapelle mit dem christlichen Glauben bietet den Menschen zum Teil den einzigen Halt in ihrem Leben. Eine der an Lepra erkrankten Frauen erzählte uns wie sie hierher kam und wie sie von ihrer ganzen Familie und dem Dorf verstoßen wurde. Seit über 20 Jahren lebt sie in der Kolonie und seit ihrer Flucht hierher hat sie niemand aus ihrer Familie auch nur ein einziges Mal hier besucht. Und diese Traurigkeit hat sich bei vielen Menschen hier tief in die Gesichter gegraben.

Am Ende meines sehr bewegenden Besuches bin ich froh um die Menschen, dass sie hier wenigstens in Frieden leben können und in Zukunft auch wieder ein menschenwürdiges Dach über dem Kopf bekommen. Als ich dann abends auf der Terrasse des Gästehauses in den Nachthimmel von Keng Tung schaue und die Stille über der Stadt genieße, denke ich nochmal an die spendenden Menschen bei Heidelberger Druck, an unseren kleinen Verein mit gerade mal fünf Mitgliedern und was wir alle zusammen heute hier haben bewegen können.

Die Spendenübergabe in der Lepra Kolonie
 

Stefan Spiecker
Heidelberg, Oktober 2009